Die Veranstaltung wurde ausgerichtet von den betreuenden Mitarbeitern der TU Dortmund, Abteilung Raumplanung, Andrea Rüdiger und Thomas Eltner in Kooperation mit Frau Anna Tarletzki vom Stadtplanungsamt Hagen. Tagungsort war das Rathaus.
Mit ca. 30 Interessierten war die Veranstaltung gut besucht, neben zahlreichen Mitarbeitern der Stadtverwaltung nahmen auch Mitglieder des Vereins Grüne Brücke Hagen und weitere interessierte Hagener Bürger teil.
Dr. Christoph Diepes, Fachbereichsleiter des Stadtplanungsamtes, begrüßte die Anwesenden mit den Worten, „ die (Studenten würden) weiter denken, als wir es im Rathaus an der Volme üblicherweise tun“. Dies lässt hoffen, dass die eine oder andere Idee der Masterstudenten Eingang in die Planungen der Stadt bzgl. des Sanierungsgebiets Bahnhofsviertel, East- und Westside sowie unteres Altenhagen finden könnten.
strategischer Rahmenplan
Bei den Planungen der Studenten handelt es sich um einen Städtebaulichen Rahmenplan. Dies bezeichnet ein „ (städtebauliches) Konzept, welches für größere Teilräume der Stadt städtebauliche Zusammenhänge aufzeigt und grundsätzliche planerische Visionen entwickelt und räumliche Zielsetzungen darstellt.“
Es ist klar, dass ein derartiges Konzept grosse Linien entwickelt, ohne auf Details wie leere Stadtkassen und bodenrechtliche Gegebenheiten Rücksicht nehmen zu müssen. Die Studenten versicherten allerdings, dass sich für die vorgestellten Visionen durchaus eine städtebauliche Förderung finden liesse. Es lohnt also durchaus, einen Blick in die Konzeptpapiere zu werfen.
„Hagen neu erfahren“
Unter dem Motto „Hagen neu erfahren“ führen die Studenten aus:
„zentrales Element des strategischen Rahmenplans ist das Mobilitätskonzept mit dem Ziel der Stärkung des Umweltverbundes und der Reduzierung des innerstädtischen Durchgangsverkehrs sowie des stehenden Verkehrs. Fundamentale Bestandteile des Mobilitätskonzepts sind die großräumigen Umgehung der Innenstadt und der innerstädtische Herabstufung der B54, was die Möglichkeit der “Green-Bridge Hagen” als Fahrrad- und Fußverbindung von Altenhagen Richtung Innenstadt schafft. Altenhagen ist ein innerstädtischer Stadtteil der schlecht in den Stadtkern integriert ist, was unter anderem an der Barrierewirkung der B54 aber auch der Volme liegt. Das Konzept sieht eine Anbindung von Altenhagen an das geplante Radverkehrsnetz vor. Einerseits durch die Green Bridge und andererseits durch die Radroute auf der Körner Straße die über die Altenhagener Straße bis nach Altenhagen geführt wird.
Die Innenstadt ist vom Bahnhof aus nicht intuitiv zu erreichen, hier soll die Bahnhofstraße als Tor zur Innenstadt etabliert werden. Dafür wird das Bahnhofsumfeld so umgestaltet, dass eine Sichtachse zur Bahnhofsstraße geschaffen wird. In Kombination mit einer stringenten Wegführung wird man so instinktiv über die grüne Achse der Bahnhofstraße in die Innenstadt geleitet. Um die Bahnhofstraße an ihre neue Funktion anzupassen, wird durch Verkehrsberuhigung, Erweiterung der Fußgängerzone und das Einzelhandelskonzept die Bahnhofstraße zur lebendigen Verbindung in die Innenstadt.
Mobilitätskonzept
Zum Mobilitätskonzept des strategischen Rahmenplans gehören drei Mobility-Hubs (zwei bestehende Parkhäuser), die den stehenden Verkehr aus dem Innenstadtbereich verlagern und den entstehenden Raum so lebenswerter und klimaresilienter nutzbar machen. An den Mobility-Hubs, welche sich strategisch im Nordwesten, Südwesten und Osten der Innenstadt verteilen, sind außerdem Sharing-Angebote für Autos und Fahrräder vorgesehen.
Ein elementarer Bestandteil des strategischen Rahmenplans ist ebenfalls die Verbindung und Ergänzung der grünen Infrastruktur, wodurch ein “Grünes Band” aus Berliner Platz, Bahnhofstraße, Volkspark, Funckepark und GreenBridge Hagen, sowie Volmepark und dem Uferbereich der Volme, zum neuen Park am nördlichen Mobility-Hub und dem Dreieckspark über die West-Side führt. In diesem Zusammenhang soll immer wieder auch die Möglichkeit des Zugangs zur Volme und zur Ennepe ermöglicht werden, eingebettet in urbane wie naturnahe Uferbereiche.
Als letzte Elemente sind Nachverdichtungsmaßnahmen, Umnutzungsmaßnahmen im privaten Gebäudebestand sowie eine klassisch städtebauliche Entwicklungsmaßnahme an der West-Side mit Fernbusbahnhof und der Verbindung über den Bahnhofstunnel und den Werdetunnel Teil der Vision für die erweiterte Innenstadt von Hagen.
Besonderes Augenmerk gilt dabei dem Hochhaus des ehemaligen Arbeitsamts, welches seit drei Jahren leersteht und in ein Vertical Villages als innovatives Wohnprojekt umgewandelt werden soll“.
Vision und Realität
Soweit die Vision der Studenten. Wenn auch aus unserer Sicht (Verein Grüne Brücke) die Elemente des Rahmenplans schlüssig und unvermeidbar erscheinen (radikale Beschränkung des Autoverkehrs zugunsten von Fußgänger und Radverkehr, Schaffung von höherer Aufenthaltsqualität durch Öffnung des Volmeufers, Nachverdichtung und gemischte Nutzung im Bereich von westlicher Innenstadt und Westside etc.), ist anzunehmen, dass diese Schritte in der Hagener Öffentlichkeit sicher erbitterte Kontroversen hervorrufen dürften und ein weiter Weg zum unvermeidlichen Umdenken führen wird.
Was wird aus Ebene 2?
Wobei die Frage „was wird aus der Ebene 2 der Altenhagener Brücke“ noch gar nicht angeschnitten wurde. Ein Teil der Studenten plädiert hier für Abriss, da das Bauwerk sicher berechtigterweise als Barriere zwischen Altenhagen und Innenstadt angesehen wird und der Öffnung der Stadt zur Volme im Wege stehen könnte. Ein anderer Teil der Studenten plädiert nicht zuletzt aus ökologischen Gründen (Graue Energie) für Erhalt der Brücke und Neugestaltung als Park und Landmarke. Hier nochmal O-Ton Masterstudenten:
„die „Green Bridge“ in Hagen wurde von der Bürgerinitiative Grüne Brücke Hagen e.V. ins Leben gerufen und ist ein innovatives städtebauliches Projekt, das darauf abzielt, die urbane Lebensqualität zu verbessern und Nachhaltigkeit in den Vordergrund zu stellen. Die Green Bridge bindet den Bahnhof besser für Radfahrer und Fußgänger an, die bisher noch durch natürliche oder infrastrukturelle Barrieren getrennt sind, und fördert so eine bessere Erreichbarkeit und Integration innerhalb der Stadt. Durch die Realisierung des Projekts wird ein teurer Abriss der sanierungsbedürftigen Altenhagener Brücke verhindert. Allerdings steht ein Gutachten über die Möglichkeit der Umnutzung noch aus.
ökologische Design
Ein zentrales Element des Projekts ist das ökologische Design: Die Brücke soll mit einer Vielzahl von Pflanzen, kleinen Bäumen in Hochbeeten und Grünflächen gestaltet werden, was zur Verbesserung der Luftqualität beiträgt und städtische Hitzeinseln reduziert.
Für den Umbau der Green Bridge werden nachhaltige Materialien und umweltfreundliche Technologien verwendet. Dazu gehören recycelte Baustoffe, Solarenergie, Regenwassermanagement und energieeffiziente Beleuchtung. Die Brücke ist speziell für Fußgänger und Radfahrer ausgelegt, um umweltfreundliche Verkehrsmittel zu fördern. Dies reduziert den Autoverkehr und die damit verbundenen Emissionen in der Stadt. Darüber hinaus dient die Green Bridge nicht nur als funktionale Infrastruktur, sondern auch als architektonisches und raumbedeutsames Highlight. Sie fungiert als Treffpunkt und Erholungsraum für die Bewohner und Besucher von Hagen, mit Sitzgelegenheiten, Spielbereichen und Aussichtspunkten auf die Volme und die Innenstadt.
Die Ziele und Vorteile der Green Bridge sind vielfältig. Sie trägt zur Reduzierung der städtischen CO2-Emissionen bei und die grüne Infrastruktur bietet den Bewohnern einen Raum zur Entspannung und Erholung. Durch die Förderung aktiver Mobilität wie Gehen und Radfahren trägt die Brücke zur allgemeinen Gesundheit der Bevölkerung bei. Zudem fördert die Verbindung von Stadtteilen und die Bereitstellung öffentlicher Räume den sozialen Zusammenhalt.
Insgesamt ist die Green Bridge in Hagen ein ambitioniertes Projekt für innovative Stadtentwicklung, die ökologische, soziale und ästhetische Aspekte miteinander vereint. Sie zeigt, wie Städte ihre Infrastruktur nachhaltiger gestalten und gleichzeitig die Lebensqualität ihrer Bewohner verbessern können“.
Verkehrsführung der B54? Durchstich des Bahnhofstunnels?
Ob man die Ebene 2 umnutzt oder abreisst, es stellt sich in jedem Fall die Frage der zukünftigen Verkehrsführung der B54. Die Studenten schlugen hier drei Varianten - in der am engsten geführten Version über Heinitzstrasse, Am Sportpark und Fuhrparkbrücke, in der weitläufigsten über A45 und A1 - vor. Auf Rückfrage konnte das Stadtplanungsamt hier noch keine Variante benennen, die ins Auge gefasst würde. Auch gehen alle studentischen Entwürfe sowohl von der Reaktivierung des Werdetunnel wie auch Durchstich des Bahnhofstunnels aus, um die Westside sinnvoll zu erschliessen. Auch hier sollte möglichst vor Beginn der Bahnshofssanierung eine Entscheidung fallen.
Diskussion
In der lebhaften Diskussion wies Prof. Ortwin Peithmann, in Hagen ansässiger Stadtplaner im Ruhestand, darauf hin, dass aufgrund der sich durchsetzenden emissionsarmen Elektromobilität bei entsprechender Geschwindigkeitsbegrenzung ein nebeneinander von Auto, Fuß- und Radverkehr denkbar wäre.
Bzgl. der Entwicklung der Westside, die ja gerne als Filetstück der Stadtentwicklung bezeichnet wird, kamen in der Diskussion Zweifel auf, ob die Gestaltung als „Maker Space“ und Mobility Hub zumindest im Umfang des Rahmenplans sinnvoll sei. „Ein Konkurrenzstandort (für Handel und Gewerbe) jenseits des Bahnhofs sei nicht sinnvoll“ - so Dr. Diepes auch unter Berücksichtigung des Strukturwandels durch Onlinehandel, zumal die Innenstadt ja auch entwickelt werden soll. Auf der anderen Seite wurde Besorgnis bezogen auf Hochwasserereignisse geäußert und vorgeschlagen, die ganze Westside als Retentionsfläche anzulegen mit ggf. Freizeit- und Naherholungsnutzung.
Ein spannender Vormittag, der mehr offene Fragen als Antworten aufwarf, aber sicher Anlass zu weiteren Diskussionen in der Stadtgesellschaft bietet.
Vorstellung Referenten
Ausschnitt Planungsgebiet mit Green Bridge (© Masterstudenten)
Beispiel Mobilität (© Masterstudenten)
Beispiel Green Bridge (© Masterstudenten)
Beispiel Green Bridge (© Masterstudenten)
Posterpräsentation
engagierte Diskussion
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